Der Karlsruher Verkehrs-Verbund KVV will es, der Oberbürgermeister hat es bereits öffentlich abgenickt, aber der Chef-Stadtplaner der Stadt Bruchsal leidet: Die Stadtbahn (S 2) von Spöck kommend über Karlsdorf soll in Bruchsal „ausgeschleift“ werden und dann nach Forst über Hambrücken bis Oberhausen-Rheinhausen weitergeführt werden.
Der ÖPNV - eine Herzensangelegenheit der SPD:
Doch stellt sich die Frage: Ist die Führung einer Stadtbahnlinie durch Bruchsal knapp 500 m neben der DB-Trasse Heidelberg-Karlsruhe notwendig, und vor allen Dingen vorteilhaft für Bruchsal?
Der KVV will die Trassenführung durch Bruchsal durchsetzen – das stellte
Dr. Klaus Lösch für den KVV in der Veranstaltung der SPD klar. Warum? Der KVV ist ein Transportunternehmen, das auf dieser Strecke, finanziert durch Mittel des Landes („GVFK-Mittel“) 85 % mehr Passagiere aufnehmen will, und zwar durch den Umsteigepunkt über dem Bahnhof Bruchsal und durch eine zentrale zweigleisige (!) Haltestelle am Schönbornplatz.
Demgegenüber stellte der lange in der Stadt Bruchsal beschäftigte Stadtplaner
Dipl. Ing. Stadtmüller klar, dass diese Linie gravierende städtebauliche Nachteile mit sich bringt:
- eine monströse Brücke über den Bahnkörper
- ein Trassenkörper zwischen Prinz-Wilhelm-Straße und Moltkestraße neben dem Saalbach, der den Viktoriapark unwiederbringlich zerstört und die Verbindung zur Saalbach abschneidet
- Abriss des Jugendstilgebäudes „Deutsche Bank“ und damit Eingriff in wertvolle Gebäudesubstanzen
- Linienführung durch die nördliche Friedrichstraße und den Schlossbereich mit der Folge, dass eine Gastronomie-Meile nicht mehr möglich sein wird
Wie schon im Kreistag stellte der KVV klar, dass sich nur eine Ausschleifung der S 2 durch die Bruchsaler Innenstadt wirtschaftlich rechnet. Allerdings musste
Dr. Lösch einräumen, dass hierüber noch keine konkreten Berechnungen vorliegen. Erst die noch zu erstellende „standardisierte Bewertung“ wird zeigen, welche Linienführung (mit oder ohne Ausschleifung) die so genannte ‚Bauwürdigkeit’ des Gesamtkonzepts für die Linie S2, die von Spöck über Bruchsal bis Rheinhausen weitergeführt werden soll, bewirkt.
Dipl. Ing. Stadtmüller stellte eine
alternative Linienführung dar, die ohne die Nachteile des KVV-Konzeptes auskommt. Leider hat die Stadt Bruchsal diese Variante vergeben, weil sie ungeachtet dieser Option das Görtz-Kunstwerk auf dem Friedrichsplatz platzierte und damit die ursprünglich auch vom KVV konzipierte Linienführung durch Luisenpark, Friedrichsplatz und südliche Friedrichsstraße bis zum Schönbornplatz vereitelte.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der KVV zwar seine ursprüngliche Planvorstellung wegen des Widerstands der Bruchsaler Stadtverwaltung verwarf. Nicht beerdigt wurden allerdings die städtebaulichen Eingriffe - siehe oben.
Die SPD ist entschieden der Auffassung, dass eine Gastronomiemeile zwischen Innenstadt und Schloss keine Stadtbahn verträgt und dass die Viktoria-Anlage nicht ‚plattgemacht’ werden muss, um Bruchsal für den ÖPNV weiter zu erschließen. Das machte der Bruchsaler SPD-Vorsitzende
Jürgen Schmitt dem KVV-Vertreter
Dr. Lösch deutlich.
Quintessenz des Abends:
ÖPNV ja, aber nicht zu Lasten der Innenstadtgestaltung. Eine attraktive Innenstadt ist das eigentliche Gestaltungsziel und der KVV muss mit seiner Linienführung darauf Rücksicht nehmen.
Bleibt noch die Erhaltung des Schlossbereiches. Das trieb den Wiedererbauer des Schlosses,
Hajo Rheinstädter um. Seine Forderung: Keine Haltestelle im Schlossbereich, vor allem keine Oberleitungen. Hier allerdings stellte sich heraus, dass die Länge der (behindertengerechten) Stadtbahnhaltestellen den südlichen Schlossbereich beeinträchtigen dürfte.
Die vom SPD-Vorsitzenden
Jürgen Schmitt (wie auch von Stadtplaner
Dipl. Ing. Stadtmüller) vorgeschlagene Trasse durch die Styrumstrasse ist nur möglich, wenn der Individualverkehr auf die Zollhallenstraße verlegt wird.
Der Stadt steht also eine durchaus schwierige Stellungnahme bevor, wobei sie vor allem ihre eigenen Interessen wahren muss. Am besten wäre wohl eine Linienführung ohne Ausschleifung, um die neue S2 zu ermöglichen und gleichzeitig die Mittelstadtfunktion Bruchsals zu stärken.
Jürgen Schmitt
