Grundsicherung für Arbeitssuchende

Veröffentlicht am 10.05.2010 in Kreistagsfraktion

SPD-Kreistagsfraktion forderte in Kreistagssitzung vom 6. Mai 2010
neutrale Gegenüberstellung von Jobcenter und Optionskommune


„Allen ist das Denken erlaubt. Vielen bleibt es jedoch erspart“. Mit einem Zitat von Curt Goetz be-gann der Vorsitzende der Kreistagsfraktion Markus Rupp die Stellungnahme der SPD. Goetz könnte damit ohne Zweifel die seit sechs Jahren andauernde Diskussion in Bund, Ländern und Kommunen gemeint haben, wie denn die Grundsicherung für Arbeitssuchende am besten umgesetzt werden kann. Auch und gerade der Landkreis Karlsruhe habe sich in dieser Frage bisher wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Als 2005 die Sozial- und Arbeitslosenhilfe sinnvollerweise zum neuen Arbeitslosen-geld II zusammengelegt wurde, habe der Landkreis Karlsruhe aus Befindlichkeiten, auf die Rupp nicht weiter eingehen mochte, die aber nichts mit verfassungsrechtlichen Bedenken zu tun gehabt hätten, den falschen Weg eingeschlagen. Nämlich die getrennte Aufgabenwahrnehmung. Diese Trennung der Aufgaben wurde von der SPD-Fraktion stets abgelehnt. Aus zweierlei Gründen: Erstens im Inter-esse der Langzeitarbeitslosen. Der Mensch stehe für die Fraktion im Mittelpunkt; der Betroffene dür-fe nicht von Pontius zu Pilatus geschickt werden. Der wolle - wie die Sozialgesetze das vorgesehen haben - Leistungen aus einer Hand. Bürgermeister Rupp betonte, man rede immerhin über rd. 15.000 Menschen in knapp 7.000 Bedarfsgemeinschaften in den 32 Landkreisgemeinden, die Leistungen nach SGB II beziehen und die unnötigerweise in die Mühlsteine der Verwaltungsbürokratie geraten seien. Zum anderen habe die SPD-Fraktion immer gesagt: Getrennt ist und war nichts besser, aber vieles schlechter und vor allem auch teurer. Das sei logisch: Die Verwaltung habe seit 2006 einen vermeidbaren Verwaltungsaufwand, müsse doppelt Akten führen, habe erhöhte Kosten, müsse dop-pelt ermitteln, parallel ein eigenes EDV-System betreuen und bezahlen, es komme zu Überzahlungen und man habe einen doppelten Beratungsaufwand.

In diesem Zusammenhang forderte die SPD-Fraktion eine Aufstellung, was den Landkreis Karlsruhe diese Doppelstrukturen seit 2006 gekostet haben? Alleine für das Jahr 2006 sei der Kreistag einmal von rd. 1 Mio. € Mehrkosten ausgegangen.

Xavier Naidoo trällere dieser Tage oft aus dem Radio: „Alles kann besser werden“. Er hat Recht. Nach dem politischen Durchbruch vom März diesen Jahres stelle die Fraktion zufrieden fest: „Die getrennte Trägerschaft ist ein Auslaufmodell!“.

Doch nun Ende mit der Vergangenheitsbewältigung, ein Blick nach vorne. Und da stelle sich die Frage, welche Organisationsform besser sei? Die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis, also die Option, oder die gemeinsame Aufgabe mit der Arbeitsagentur in einem Jobcenter?
Die SPD-Fraktion habe schon in der Vorberatung im Verwaltungsausschuss gesagt, dass man auf dem Wissensstand von heute und aufgrund der Verwaltungsvorlage diese Frage noch nicht beantworten könne. Erst müssten die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, die finanzielle Ausstattung der Optionskommunen bekannt sein. Optionskommunen dürften nicht schlechter oder risikoreicher gestellt sein als Argen. Unkalkulierbare Risiken für den Haushalt oder Stellenplan dürfe es nicht geben. Und, so Fraktionschef Rupp, man wolle wissen, welche Mittel der Landkreis für eine aktive Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bereit sei aufzubringen.

Die SPD-Fraktion war deshalb einigermaßen überrascht, dass ohne Eignungsprüfung und ohne Kenntnis der genauen Finanzbeziehungen die Landkreisverwaltung und die CDU über die Presse schon zu klaren Urteilen für die Option gekommen seien. Auf welcher Grundlage? Man kaufe einen Anzug doch auch erst, wenn man wisse, dass er passt. Und die SPD-Fraktion wolle eine passgenaue, pragmatische Lösung für die betroffenen Langzeitarbeitslosen.

Die Sozialdemokraten verweigerten sich zum jetzigen Zeitpunkt keinem der beiden Modelle und stimmten deshalb auch der Prüfung einer Eignung als Optionskommune zu. Dies sei aber kein Freifahrtschein in Richtung „Option“. Man werde erst nach Vorliegen von Ergebnissen und weiterer Kenntnisse entscheiden.

„Wir wollen, ja wir müssen zweigleisig planen: Selbst wenn wir uns im Herbst für Option aussprechen sollten, dann ist noch lange nicht gesagt, dass wir zu den ausgewählten 41 Stadt- und Landkreisen gehören werden“, so Rupp. Welcher Kreis am Ende in den Bund der Optionskommunen aufgenommen wird, entscheiden nämlich die jeweiligen Bundesländer.
Ohne Frage, Argumente für eine Alleinzuständigkeit des Landkreises sehe seine Fraktion auch: Weniger Bürokratie, schnellere Bearbeitung und auf Gegebenheiten des örtlichen Arbeitsmarktes kurzfristig und ohne Konsultation einer fernen Hauptverwaltung in Nürnberg reagieren zu können.

Das hieße aber auch, man müsste praktisch im Landkreis Karlsruhe eine „kleine Agentur für Arbeit“ aufbauen. Leitung, Controlling, Sachbearbeitung und Fallmanagement sowie Arbeitgeberservice müssten bewältigt, ein neues EDV-System beschafft werden. Und der Kreis hätte einen größeren Raumbedarf. Die Frage sei erlaubt, „können wir die Aufgabe überhaupt bewältigen?“ Bisher habe der Landkreis Karlsruhe im Ringverglich und nach Aussage des Bundesrechnungshofes überdurchschnittlich lange Bearbeitungszeiten für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. 50 statt 43 Tage. Generell stelle der Bundesrechnungshof den 69 Optionskommunen ein schlechtes Zeugnis aus – nachzulesen im „Spiegel“ vom März dieses Jahres.

Gleichzeitig höre man von der sehr guten Vermittlungs- und Eingliederungsbilanz der Arbeitsagentur im Landkreis Karlsruhe. Für den Landkreis wurde seit Jahresbeginn - nach Emmendingen und dem Enzkreis der drittbeste Wert aller über die EDV der Bundesanstalt für Arbeit laufenden 39 SGB II-Träger in Baden-Württemberg erzielt. Und das Jobcenter in der Stadt Karlsruhe soll dem Vernehmen nach fortgesetzt werden.

Da man im Herbst 2010 über die nachweislich beste Lösung entscheiden wolle, sei die Verwaltung in der Pflicht, eine neutrale und unvoreingenommene Betrachtung der Aufgaben- und Kostenseite sowohl von Optionskommune als auch Jobcenter dem Kreistag vorzulegen. Welche Form der Auf-gabenwahrnehmung bringe bessere Ergebnisse für die Betroffenen und welche Form ist für den Landkreis effizienter zu schultern, das sei für seine Fraktion entscheidend.

Die SPD-Fraktion stellte abschließend folgende Anträge:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, dem Kreistag oder den zuständigen Gremien frühzeitig eine Gegenüberstellung bzw. Vorstellung einer funktionierenden Arge/Jobcenter und einer Options-kommune zu präsentieren.

2. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung ist um eine gleichwertige Darstellung des Modells „Job-center“ zu ergänzen.

3. Einrichtung eines die Verwaltung begleitenden Ausschuss aus Kreistagsmitgliedern für die Fin-dung der optimalen Organisationsform. Dabei gehe um die Fragen der Gestaltung des Arbeits-markts, der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Personalausstattung, der Infrastruktur und der Finanzen.

 
 

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