Haushaltsrede 2016

Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Markus Rupp

bei der  Verabschiedung des Kreishaushalts am 21. Januar 2016

 

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Schnaudigel, liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie mich in Anbetracht der gestrigen Schlagzeilen, der vorherigen Rede der FW und den wahrscheinlich nachfolgenden Reden der GRÜNEN und FDP eines gleich festhalten: „Wir sind keine landkreislosen Gesellen!“ Wir sind uns unserer Verantwortung für den Landkreis und seiner Finanzen sehr wohl bewusst. Sonst würde ich jetzt nicht hier stehen. Wir sind nicht blind. Wir können Zahlen, einen Haushalt lesen. Wir wissen, dass die finanzielle Situation des Landkreises angespannt ist.  Wir sind uns aber auch der Verantwortung des Landkreises für seine 32 Städte und Kommunen, die ihn „umlagefinanzieren“ bewusst. Das mag uns von der ein oder anderen Fraktion unterscheiden.

Und ich sage auch unverblümt: Der Weg bis zum heutigen Mittag hier in Walzbachtal war kein leichter… war ein Weg mit „Irrungen und Wirrungen“. Ich mach’s mal an drei Beispielen fest:

Die erste Irrung: In der Diskussion könnte man manchmal glauben, wir kämpfen um eine Beibehaltung oder gar Senkung der Kreisumlage. Dabei geht es in der Abwägung nur darum, ob eine Erhöhung um 3 oder 2,5 Punkte das Maß der Dinge, die Mitte ist.

Die zweite Irrung: Immer wieder ein Vorwurf - die Verwaltung würde zu spät über die Positionen der Fraktionen informiert. Deshalb haben wir zwischen der 1. und 2. Lesung des Haushalts verschiedene Diskussionsrunden in unserer Fraktion gedreht. Glücklich, der berechtigten Erwartungshaltung der Verwaltung zu entsprechen, haben wir ihr unsere Position bezüglich der Kreisumlage in Höhe von 30 Punkten in der ersten Januarwoche mitgeteilt. Unser Vorschlag zur Deckung des Deltas von 2,6 Mio. Euro zwischen 30 und 30,5 Punkten: Interne Einsparungen und/oder gänzlich eine Krediterhöhung! Nichts war da zu hören, dass sich die Rahmenbedingungen noch einmal verschlechtert hätten und durch eine erneute Krediterhöhung nun nur noch 1,49 Mio. Euro haushaltsrechtlich zur Verfügung stünden. Erst die Vorlage für die VA-Sitzung, die just am Abend der Weitergabe unserer Fraktionslinie in die Briefkästen flatterte, belehrte uns eines anderen. Stellt sich die Frage, waren wir als SPD diesmal zu früh?

Die dritte Wirrung macht mich ein bisschen ärgerlich: Nachdem die Verwaltung in einem 500 Mio. Euro-Haushalt keine „schmerzlosen“ Einsparungen von 1,1 Mio. Euro entdecken konnte, legte Sie uns in der VA-Sitzung dann eine in unseren Augen „bewusst schmerzvolle“ Liste von „Möglichkeiten zur Einsparung“ vor. Keine Fraktion, kein ehrenamtlicher Kreisrat, Herr Landrat, zumal wir im VA auch ja nur wenige Vertreter der Fraktion sind, kann ad hoc über eine solche Liste entscheiden, das wissen Sie! Das bedarf einer inhaltlichen Diskussion. Um diese inhaltliche Diskussion führen und evtl. andere Sparvorschläge in einer Runde der Fraktionsvorsitzenden und Haushaltssprecher machen zu können, haben CDU und SPD die Vertagung der Verabschiedung des Haushalts auf den 25. Februar, dem nächsten Sitzungstermin beantragt. Niemand der Verwaltung hob den mahnenden Finger! Erst am Tag danach wurden wir über das dadurch entstehende Liquiditätsproblem informiert. Ärgerlich, wenn dann in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, wir wollten den Landkreis an die Wand fahren.

Und wenn ich jetzt gehört habe und im Nachgang sicherlich noch hören muss, wir hätten im vergangenen Jahr schon falsch gehandelt, dann frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den FW, den Grünen und der FDP:

Waren wir falsch gelegen, als wir die Erhöhung des Ansatzes der Grunderwerbsteuer in Zeiten einer Immobilien-Hype forderten?

Waren wir falsch gelegen, als wir die Kommunalfreundlichkeit und Verlässlichkeit der Landesregierung hervorhoben und die vollständige Rückerstattung der Unterbringungskosten für Flüchtlinge und Asylbewerber prophezeiten? An der beschlossenen Spitzabrechnung gibt es keinen Zweifel. Hoffen Sie mit mir, dass diese Landesregierung Ihre gute Arbeit fortsetzen kann und die Spitzabrechnung, Spitzabrechnung bleibt!

Aber – und das verhehlen wir nicht – andere strukturelle Probleme des Landkreises und seiner Finanzierung von oben – nicht von unten – haben zu einem schlechten Jahresergebnis 2015 geführt.

Ich möchte einmal am Beispiel der Kliniken aufführen, dass Strukturprobleme gelöst werden können:  Es war richtig und wurde von uns von Anfang an unterstützt,  sich in Richtung eines Klinikverbunds zu bewegen. Der Beitritt zur Regionalen Klinik Holding hat viele Synergieeffekte mit sich gebracht. Das Jahresergebnis 2015 und die Unternehmensplanung 2016 der KLK würden uns ohne diesen Verbund, würden uns aber auch ohne „Einheitliches Plankrankenhaus“ in eine tiefe Depression stürzen. Aber auch das Land Baden-Württemberg hat uns bei unseren Bemühungen geholfen. Die Mittel für den Krankenhausbau wurden seit 2011 um mehr als 35 Prozent aufgestockt. Und das Positive – auch unsere Standorte in Bruchsal und Bretten profitieren von dieser Politik. Alleine mit 7,9 Mio. Euro wurde z.B. die 12,3 Mio. Euro teure Erweiterung des C-Baus in Bruchsal gefördert. Der Bund dagegen musste erst durch massive Proteste, die wir persönlich unterstützt haben, zu seinem, zu unserem Glück gezwungen werden. So werden die 500 Millionen Euro aus dem Versorgungszuschlag als Pflegezuschlag weiterhin in den Krankenhäusern verbleiben. Zudem ist eine Tarifausgleichsrate vorgesehen, die dem Auseinanderlaufen von Tariflöhnen und Preisanpassungen entgegen wirkt.

Und ein anderes Problem haben wir in diesem Gremium gemeinsam mit Ihnen Herr Landrat, wieder aufs richtige Gleis gehievt. Unser zwischenzeitlich in arge finanzpolitische Schieflage geratenes „Karlsruher Modell“. Und es war gut, dass wir in manch hitziger Diskussion als SPD um Mäßigung und Ausgleich zwischen Stadt und Landkreis bemüht waren. Es wurde im Kern zwar teurer für uns, aber nun auch finanziell verlässlicher und zumindest transparenter.

Wenn jetzt noch die ständigen sonoren Durchsagen in Gondelsheim und überall sonst, über ausgefallene Stadtbahnen der Vergangenheit angehören würden, dann würde das immens zur Zufriedenheit der Kunden beitragen, eine Abwanderung auf die Straße verhindern.

Ich komme zu einem infrastrukturellen Defizit, was uns die Neo-Liberalisierung des Markts, was uns die Zerschlagung ehemals staatlicher Unternehmen wie der Deutschen Post beschert hat. Und das wir nun als Kommunen und Landkreis mit der Breitband-Gesellschaft reparieren müssen. Es ist nämlich strukturschädlich, wenn ein Familienbetrieb den ländlichen Raum verlässt, weil er sich dort im digitalen Neandertal befindet. Das kann auch nicht im Sinne unseres Landes sein, dessen wirtschaftliche Stärke gerade auf den mittelständischen Betrieben in der Fläche basiert. Deshalb ist die SPD-Fraktion froh, dass das Land Baden-Württemberg die Mittel für den Breitbandausbau auf 31,7 Millionen Euro jährlich verdreifacht hat! Von diesen 31,7 Landes-Millionen fließen allein rd. 5 Millionen Euro in unseren Landkreis und seine Städte und Gemeinden!

Das alles überdeckende Thema, was uns, was die Menschen in unseren Städten und Gemeinden derzeit am meisten bewegt und manchmal auch verunsichert - Flüchtlinge und Asyl. Die Flüchtlingswelle, die wir derzeit erleben, hat Ursachen: Krieg, Terror und Armut! Und wir haben eine doppelte Verantwortung: Eine humanitäre - denn es sind Menschen, die zu uns kommen. Und gegenüber den Menschen bei uns, die haben – wie gesagt - Ängste, sind verunsichert. Ohne Frage, Angela Merkel hat eines weites, ein offenes Herz, was wir aber vermissen, ist ein Plan! Ein pures „Ja, wir schaffen das“, das reicht nicht, reicht nicht mehr aus! Die Menschen, unsere Landkreis-Einwohner erwarten Lösungen.

Wir im Landkreis, Ihre Verwaltung und Sie Herr Landrat haben gemeinsam mit unseren Kommunen bisher wirklich gute Lösungen kreiert. Nein, das muss einmal gesagt werden – wir kommen ohne Zelte, wir kommen ohne Turnhallen aus. Keine Selbstverständlichkeit! Noch…

Lösungen – jetzt, begebe ich mich ein Stück weit auf das internationale Parket, Lösungen müssen auch realisierbar und ehrlich sein. Die erste und wichtigste Hilfe muss vor Ort, in der Region der Flüchtenden greifen. Was haben wir getan? Wir haben die Menschen in kläglichen UN-Flüchtlingscamps vegetieren lassen – und dann wurden ihnen noch die Lebensmittelrationen gekürzt. Flüchtlingswelle? Wen wundert’s? Europa - wir wundern uns. Europa ist keine Einbahnstraße aus Deutschland hinaus in Sachen Förderung und nach Deutschland hinein in Sachen Flüchtlinge. Hier muss endlich das Prinzip des Gebens und Nehmens gelten. Sonst droht die große europäische Idee zu scheitern.

Dass abgelehnte Asylbewerber schneller, dass straffällige Asylbewerber umgehend rückgeführt werden, das ist Konsens. Dass geistige Brandstifter, dass echte Brandstifter schneller eingeführt gehören, nämlich in den Knast, das ist wehrhafte Demokratie.

Die Kapazitäten bei der Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen in Deutschland sind begrenzt. Alles andere ist eine Illusion. Und wenn wir das Thema Flüchtlinge als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen und das ist sie, wenn wir diejenigen die ein Bleiberecht bei uns haben und längere Zeit oder für immer hier sein werden, integrieren wollen, dann braucht es nicht nur eines weiten, offenen Herzens, dann braucht es vor allem eines - Geld! Geld, was bei uns im Landkreis und in den Städten und Gemeinden ankommt.

Und was macht der Bund? Er rühmt sich einer schwarzen Null im Haushalt, ja eines Überschusses! Und was macht das Land? Es rühmt sich einer schwarzen Null, die es sich in Wahlkampfzeiten nicht anzutasten traut, weil sonst umgehend die Retourkutsche der Opposition folgt.

Und was machen Landkreis und Städte und Gemeinden? Die kämpfen darum, die Schulden, die sie machen müssen, einigermaßen ausgewogen, zu verteilen. Das geht so aber nicht, wenn man weiß, dass die Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden nicht nur Wohnraum heißt.

Nein, sie heißt auch zusätzliche Kita-Plätze, Ausbau der Schulen, berufliche Bildung u.u.u. Integration ist teuer - misslingende Integration ist noch teurer!

Deshalb sind wir in dieser Situation auch bereit, mehr Schulden bei glücklicherweise niedrigen Zinsen zu machen als sonst. Wir leben in einer Sondersituation. Nur noch nicht alle haben das erkannt!

Gelingende Integration ist gut für unsere Sozialsicherungssysteme, gut für unsere Unternehmen, gut für unsere Altersstruktur! Und noch besser wäre es, wir hätten ein modernes Einwanderungsgesetz. Sie, Herr Landrat haben dies stets gefordert. Ihre Partei leider nicht! Die Folge dieses Versäumnisses: Hunderttausende Flüchtlinge werden rechtlich durch das Nadelöhr „Asyl“ gepresst werden, weil man keine Kontingente über ein Einwanderungsgesetz definiert hat.

Wir dürfen uns aber nicht nur um die Flüchtlingskrise kümmern. Wir müssen Politik für alle machen, für alle, die auch im Landkreis unsere Hilfe brauchen. Der Wohnungsmarkt ist für uns das klassische Beispiel dafür. Es kein Geheimnis: Bezahlbarer Wohnraum war schon vor der Flüchtlingswelle knapp – zumal in der boomenden Region Karlsruhe. Längst nicht mehr nur im Ballungsraum, längst nicht mehr nur für geringverdienende Menschen.

Deshalb haben wir als SPD-Kreistagsfraktion bereits im März des vergangenen Jahres beantragt: Der Landkreis solle einen „Runden Tisch Sozialer Wohnungsbau“ einberufen, was auch geschehen ist. Der Regionalverband möge Strategien entwerfen, wie zusätzliche Flächen für günstige Wohnungen geschaffen werden können -> Ein erstes Symposium hat stattgefunden.

Lasst uns nun einen „Pakt für bezahlbaren Wohnraum“ im Landkreis Karlsruhe schließen – so wie beim Internet. Wir müssen die Versäumnisse der Vergangenheit aufholen, dafür sorgen, dass Fördermittel weiter aufgestockt, steuerliche Anreize für Investoren geschaffen werden. Und v.a. schnell gebaut und deshalb das Baurecht und die Raumplanung gelockert wird. Wir als SPD wollen eine Wohnungsbaugesellschaft oder Genossenschaft des Landkreises für den Sozialen Wohnungsbau. Denn die Frage des bezahlbaren Wohnraums ist in unseren Augen die soziale Messlatte der kommenden Jahre und Jahrzehnte!

Ich komme zum Schluss: Kennen Sie noch das altmodische Spielzeug der Kugelbahn? Manchmal habe ich das Gefühl, dass ganz oben beim Bund die Kugel – heißt sie nun Asyl oder soziale Aufgaben – eingesetzt wird und dann ungebremst Richtung unten, Richtung Kommunen saust. Der Aufschlag erfolgt dann immer beim Landkreis sowie den Städten und Kommunen. Wir sollen bezahlen. Der Landkreis darf diese Kugel nun aber auch nicht einfach zu den Städten und Gemeinden durchleiten, sonst machen wir hier nichts anderes als das, was wir bei Bund und Land bekritteln.

Deshalb brauchen wir einen Ausgleich der finanziellen Lasten. Wir sind eine kommunale Familie. Wir sitzen im gleichen Boot. Der Landkreis soll, ja muss das erhalten, was er zum Leben braucht.  Aber auch die im Erdgeschoss, die Städte und Gemeinden dürfen nicht verhungern. Was bleibt denen? Nur noch an der Steuerschraube zu drehen, den Bürgerinnen und Bürgern neue Lasten aufzuerlegen bis hin zur Pferdesteuer. Das will die SPD-Kreistagsfraktion nicht.

Wir halten derzeit 30 Punkte Kreisumlage für einen Ausgleich der Interessen. Niemand wird dadurch fett, aber beide bleiben handlungsfähig. Wir schlagen deshalb - wie die CDU-Fraktion - eine Globale Minderausgabe von 1,1 Mio. Euro und die Abrufung des restlichen Kreditvolumens vor.

Wir betrachten aber die Globale Minderausgabe nur als „Krücke“. Als „Krücke“, um sich nun dem Wesentlichen zu Widmen – nämlich den Haushalt nach kurzfristigen Einsparmöglichkeiten und strukturellen Veränderung abzuklopfen. Dazu bedarf es aber mehr Zeit als einer halben Stunde im VA. Und es bedarf des guten Willens! Vielleicht dient dies dann auch den kommenden Haushalten.

Ihnen, Herr Landrat, sowie der gesamten Verwaltung – an der Spitze beim Etat stets Herrn Watteroth – darf ich den Dank meiner Fraktion für die gute Zusammenarbeit ausdrücken.

 

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